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Gründe für Krypto-Währungen

Allgemein

Beschäftigen wir uns mit Krypto-Währungen, treffen wir auf Lager, viele Meinungen und etwas seltener auf fundierte Argumentationen. Für die einen ist es an einem Pyramidenspiel angelehnter Betrug, ein Mittel, um Geldzahlungen für illegale Geschäfte mit Drogen, Waffen oder Erpressung nicht nachverfolgbar zu gestalten (ein großer Personenkreis von Produzenten und Konsumenten von Kinderpornographie wurde über die Bitcoin-Blockchain ermittelt), eine Energieverschwendung sondergleichen etc.

Im anderen Lager wird Bitcoin als die Lösung vieler Probleme dargestellt. Nach einem Werbefilm von Matt Hornick und Tomer Strolight, Bitcoin is Generational Wealth, würde Bitcoin praktisch das Paradies nach den gegenwärtigen Vorstellungen zur Folge haben.

Das „gewöhnliche“ Geld sei die Ursache für viele Probleme wie die ungleichen Einkommen und die Verarmung breiter Schichten der Bevölkerung. Geld sei ein Mittel zur Kontrolle der Menschen. Deren Ersparnisse würden durch die Inflation fortlaufend an Wert verlieren. Die Inflation sei für die schlechte Qualität der Produkte verantwortlich usw. Der hohe Energieverbrauch sei gerechtfertigt, wobei der Energieverbrauch mit allerlei Greenwashing klein geredet wird. Die Darstellungen zeichnen sich zumeist dadurch aus, dass sie arm an Argumenten sind, wie Bitcoin die Probleme lösen will. Dieses Argumentationsdefizit wird regelmäßig begleitet von einem ominösen: „Du verstehst es nicht.“ Man müsse sich mit Geld, Ökonomie, Mathematik, Informatik, Physik etc. intensiv beschäftigen. Dem Bitcoinfachmann fehle die Zeit fehle, die komplizierten Zusammenhänge zu erläutern. Man trifft auf allerlei mysteriöse Techno-Lyrik, etwa dass in Bitcoin die verbrauchte Energie gespeichert sei oder dass man durch Bitcoinmining „Werte“ schaffe.

Bitcoin werden ähnliche Eigenschaften zugeschrieben wie dem gewöhnlichen Geld, also im Kern: Tauschmittel, Wertaufbewahrung und Recheneinheit. Staatliches Geld oder Bitcoins haben keinen „intrisischen“ Wert, werden also nicht um ihrer selbst Willen erworben, sondern zum gegenwärtigen oder zukünftigen Tausch (Wertaufbewahrung).1) Der Wert ist ähnlich wie beim Geld in erster Linie eine Frage des Vertrauens.2) Wenn das Vertrauen in eine Währung schwindet, wird versucht, das Geld in andere Währungen, Sachanlagen, Edelmetalle oder Wertpapiere zu tauschen.3)

Zugleich soll die absolute Menge ähnlich wie beim Gold begrenzt sein und sich nur langsam vergrößern. Das Gelddrucken nach dem Gutdünken der Zentralbanken führe zur Inflation, während das bei Bitcoin nicht möglich sei. Man könnte wohl auch Gold als Grundlage für die Währung nehmen, nicht irgendwelche neu erzeugte Tokens. Das hat auch Sicht der Befürworter wohl folgenden Nachteil: Das Gold haben andere, während sie ein wallet voll mit Bitcoins haben. Außerdem könne jeder täuschen und behaupten, er habe entsprechende Goldreserven, während bei Bitcoins diese Möglichkeit nicht gegeben sei.

Inflation

Zu einem zentralen Aspekt gehört ein stark an einen Warencharakter anknüpfendes Verständnis des Geldes, das aber naiv erscheint. Ein Unterschied zwischen Waren und Geld liegt darin, dass Geld nur als Tauschmittel dient, während Güter im Rahmen der Produktion oder des Konsums ge- oder verbraucht werden.

Wie oben schon gesagt, ist Bitcoin-Mining mit steigenden Kosten und einer absoluten Obergrenze an möglichen Bitcoins verbunden. Damit nähert man sich künstlich etwa der organischen Leistung oder der Suche etwa nach Gold an. Ein Ochse oder ein Mensch kann an einem Tag nur eine begrenzte Leistung erbringen, weil sich die Kräfte erschöpfen und bei Gold sind die einfach zu erschließenden Ansammlungen schon ausgebeutet, so dass das Erschließen weiterer Vorkommen mit mehr Aufwand verbunden ist. Gewöhnliches Geld kann weitgehend kostenfrei neu durch Kreditvergabe geschaffen werden. Wenn allerdings ein Darlehen nicht zurück gezahlt wird, ist dieser Geldbetrag nicht mehr vorhanden. Er wird faktisch vernichtet, weil die Bank das Darlehen wertberichtigen muss. Wird ein Kredit bei einer Bank zurück gezahlt, wird ebenfalls Geld vernichtet.

Das Warenverständnis vom Geld wird mit der Logik von Angebot und Nachfrage verknüpft. Wenn es mehr Geld gibt, also das Angebot an Geld steigt, fällt dessen Wert. Praktisch bedeutet dies, dass mit demselben Geldbetrag weniger Gegenleistungen erworben werden können, also eine Inflation eintritt (Quantitätstheorie).4). Die einfältige Vorstellung ist in etwa wie folgt: Verdoppelt man die Geldmenge, verdoppeln sich auch die Preise, weil einem Waren- und Güterbestand eine entsprechende Geldmenge gegenüber steht. Dass das Unsinn ist, ergibt sich bereits daraus, dass ein großer Teil des mit Geld „Gekauften“ verbraucht wird. Wenn jemand eine Pizza und ein Glas Wein konsumiert und dafür zwölf Euro bezahlt, bleiben die zwölf Euro nicht ohne Gegenwert „übrig“. Diese primitive Vorstellung ist falsch.

Es gab vor allem im 20. Jahrhundert immer wieder rapide Geldentwertungen (Hyperinflation), die vom Staat ausgingen: Der Staat hat Anleihen mit einer langen Laufzeit ausgegeben, die in einer bestimmten Höhe verzinst waren. Die Höhe der Schuld war nominal in Geldbeträgen festgelegt, so dass der Staat seine Schulden durch das Drucken von Geld begleichen konnte. Außergewöhnlich steigende Preise sind auch aufgetreten, nachdem die Europäer den Seeweg nach Amerika gefunden und sich die dortigen Gold- und Silbervorkommen angeeignet hatten. Die Menge an Edelmetall vergrößerte sich, was zur Steigerung von manchen Preisen führte. Eine massive Vergrößerung der Geldmenge kann zur Geldentwertung beitragen.

Auf der anderen Seite sind die Vorstellungen zur Geldmenge und der Inflation zu einfach: Der gesamten Geldmenge steht zum Beispiel keine entsprechende Menge an Tauschgütern gegenüber. Folgendes Beispiel kann den Fehler bei dieser Vorstellung vielleicht aufdecken: Wir haben einen Bauernhof, der in einem Monat jeweils für 10 Kauri (wie auch immer die Währung bezeichnet wird)

  • dem Gemüsehändler Gemüse,
  • dem Müller Getreide und
  • dem Metzger Schlachtvieh verkauft.

Der Bauer nimmt 30 Kauri in einem Monat ein. Er bezahlt davon an seinen Mitarbeiter 10 Kauri, dem Schmied 5 Euro (für die Anschaffung und Reparatur von Arbeitsgeräten), an den Bäcker für Brot 5 Kaur , an den Brauer 2 Kauri für Bier und 8 Kauri für sonstige Anschaffungen (Kleidung, Saatgut, Möbel). In diesem Prozess werden fortlaufend Güter hergestellt, gebraucht, vernichtet oder konsumiert. Mit einer Zahlung und folglich einem Preis ist der Anschaffungsvorgang verbunden.

Bei dem Gemüsehändler findet ein vergleichbarer Vorgang statt. Er verkauft Gemüse an den Brauer, Müller, den Metzger, den Schmid und an deren Mitarbeiter für 30 Kauri. Mit seinen 30 Kauri kauft er beim Bauer Gemüse für 10 Kauri, bezahlt seinem Personal 10 Kauri, dem Brauer 2 Kauri für Bier usw. Die einzelnen Kauri wechseln fortlaufend ihren Besitzer, wandern ausbezahlt als Lohn an Metzger, Gemüsehändler, Brauer, Schneider oder Schuster, vom Metzger an seine Arbeitskraft und ebenso an Gemüsehändler, Brauer, Schneider oder Schuster. Wenn dieser dauernder Prozess gut eingespielt ist, sind dafür vielleicht 100 Kauri notwendig, weil jeder einzelne Kauri an einem Tag mehrfach für den Tausch verwendet wird. Vergrößert man nun die Geldmenge um weitere 100 Kauri, hat das keinen zwingenden Einfluss auf die Preise. Je schneller die Kauri von einem zum anderen wechseln (Umlaufgeschwindigkeit), desto mehr Geld scheint aktiv in Tauschgeschäfte involviert und vorhanden zu sein.

Umgekehrt: Solange Geld nicht als Geld für den Tausch gegen Waren oder andere Leistungen genutzt wird, etwa wie bei Dagobert Duck in einem Geldspeicher liegt, nimmt es am Marktgeschehen nicht teil und hat folglich keinen Einfluss auf die Preise. Bei Immobilien verhält es sich umgekehrt. Werden sie im Schnitt vielleicht alle 40 Jahre verkauft, sind in einem Jahr im Schnitt 97,5 % der Immobilien kein Gegenstand eines Kaufs. Ihr Wert steigt und fällt in Abhängigkeit von den anderen Geschäften mit vergleichbaren Objekten.

Inflation ist eine volkswirtschaftliche Definition, ein Aggregat, in das Messungen bzw. Vergleiche der durchschnittlichen Preise von ausgewählten Gütern und Dienstleistungen eingehen.5) Wenn etwa der Preis für Diamanten oder Schallplatten sich ändern, muss das keine Auswirkungen auf die Inflation haben, weil diese nicht in den Index aufgenommen werden. Diese Aggregate sagen zunächst nicht so viel über die individuellen Auswirkungen aus. Wenn alle Preise gleich bleiben und sich nur die Mieten erhöhen, haben wir eine Inflation. Angenommen, die Mieten werden mit 25 % gewichtet und erhöhen sich im Vergleichszeitraum um 10 %, führt das zu einer Inflation von 2,5 %, die nur Mieter (nachteilig) und Vermieter (vorteilhaft) trifft. Allerdings ist es oft nur eine Frage der Zeit, bis andere Unternehmen auf eine Preiserhöhung hin ebenfalls ihre Preise erhöhen, nicht weil sie es in jedem Fall müssen, um die Insolvenz zu vermeiden, sondern weil sie es können.

Die Ursachen für die normale Inflation sind die Erhöhung der Preise von typischerweise essentiellen Produktionsfaktoren, etwa des Lohnes (wenn der Großteil der Bevölkerung lohnabhängig ist): Die Erhöhung des Lohnes bei einer nicht im selben Maße steigenden Produktivität führt dazu, dass der Bäcker, der Gemüsehändler, der Metzger oder der Brauer auch mehr für ihr Brot, Gemüse, Fleisch und Bier verlangen müssen, um den höheren Lohn bezahlen zu können. Erhöhen sie die Preise nicht, sinken die Gewinne; und bei weiter steigenden Löhnen erwirtschaften sie Verluste, so dass sie entweder ihre Tätigkeit beenden oder die Preise erhöhen müssen.

Inflation ist selbstverständlich kein unabänderliches Naturereignis, sondern vor allem eine Frage, wer eine Steigerung der eigenen Preise mit Gewinn durchsetzen kann. Neben der Erhöhung des Lohnes verschaffen vor allem Abhängigkeiten die Möglichkeit zur Preiserhöhung, etwa die Möglichkeit einzelner Unternehmen, ihre Preise ohne Auswirkung auf den Absatz zu erhöhen (Vermieter in Städten, Rohstofflieferanten, Patentinhaber usw.). Unternehmen wollen in der Regel immer den Preis für ihre Produkte erhöhen. Das führt aber nur bis zu einer gewissen Grenze zu höherem Gewinn, weil ab einem gewissen Niveau der Umsatzrückgang infolge reduzierten Absatzzahlen höher ausfällt als die Steigerung durch die Preiserhöhung und die niedrigeren Kosten infolge der geringeren Ansatzzahlen.

Die Inflation im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg beruht hauptsächlich auf einer Steigerung der Preise für Öl oder Gas oder den aus gestörten Lieferketten folgenden höheren Kosten für die Produktion, die sich nach und nach auf alle anderen Preise durchschlagen. Die Ursache hierfür ist nicht die Erhöhung der Geldmenge, sondern liegt z. B. darin, dass die Lieferanten der Rohstoffe ihre Preise erhöhen und damit höhere Gewinne erzielen konnten (was die Ökonomen Angebotsschock nennen, womit der Eindruck vermittelt wird, es sei ein Art unabwendbares Ereignis). Wenn die Preise für Sonnenblumenöl aus welchen Gründen auch immer sich verdoppelt und verdreifacht haben, erhöht sich in der Regel auch der Preis für die Alternative Rapsöl, obwohl die Kosten der Beteiligten sich bei weitem nicht in diesem Ausmaß erhöht haben. Nicht das seit der Wirtschaftskrise 2008/9 „billige“ Geld der EZB oder der Fed war die entscheidende Ursache für die Erhöhung der Inflation.

Beigetragen haben die niedrigen Zinsen und freizügige Vergabe von Krediten aber insofern, als dass die Preise für z. B. Immobilien und im Anschluss die Mieten gestiegen sind. In vielen Städten kann man seit Jahren beobachten, wie ein immer größerer Teil des Gehalts (oft mehr als die Gehaltserhöhung) auf die Konten der Grundeigentümer wandert.

Wieso Bitcoin diesen Prozess zum Besseren ändern soll, ist nicht ersichtlich. Entscheidend sind die wirtschaftlichen Machtverhältnisse. Inflation bedeutet zunächst eine Preisänderung. Die bisherige Relation der Einnahmen und Ausgaben ändert sich, was für den einen Vor- und für den anderen Nachteile hat. Mit Bitcoin würden die Arbeitnehmer vielleicht nicht mehr über die Erhöhung des Gehaltes verhandeln, sondern um welchen Betrag es reduziert wird, denn wenn die Kaufkraft des Bitcoins steigt, kann der nominale Lohn sinken (die „Ware Arbeit“ wird dann billiger). In diesem Verhältnis haben bei einer Inflation die Unternehmer gegenüber den Arbeitnehmern oft Vorteile, weil sie ihre Preise und damit ihre Gewinne (jedenfalls nominal) kurzfristig erhöhen können, während die Löhne sich nur langsam ändern. Umgekehrt hätten bei einer Deflation die Arbeitnehmer Vorteile, weil sie einer Reduzierung des Nominallohns nicht ohne Weiteres zustimmen werden und so bei gleicher Lohnhöhe mehr Kaufkraft erhalten. Inflation ist keineswegs ein Verlust für alle (wie es oft dargestellt wird), sondern vor allem eine andere Verteilung der Kosten und Einnahmen: In der Regel haben diejenigen, die die Ursache für die Inflation sind, auch die Vorteile, denn sie haben ihre Preise (Lohn, Miete, Lizenzeinnahmen etc.) erhöhen können und erzielen damit einen höheren Umsatz bei unveränderten Kosten.6)

Das heißt nicht, dass etwa die fortlaufende Erhöhung der Immobilienpreise und nachfolgend der Mietpreise kein Problem wären. Hierfür sind unter anderem die allgemeinen Renditeerwartungen, die Höhe der Zinsen, die Vorstellung vom Werterhalt bei Immobilien und die Spekulation auf weitere Preissteigerung oder die ungleiche Verteilung von Vermögen verantwortlich.7) Dass Bitcoin hierauf einen vorteilhaften Einfluss haben soll, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, auch wenn es als eine Reaktion auf die Subprime-Krise aufgefasst wird.

Keine hoheitliche Kontrolle

Als weiterer Vorteil für Bitcoin wird angeführt, dass der Staat (vor allem in Form des repressiven Staates) den Zugang zum Geld nicht einfach absperren kann. Das geschah mit Wikileaks, denen innerhalb kurzer Zeit alle Bankkonten gesperrt wurden. Dies geschieht immer wieder in wenig freiheitlichen Staaten, in denen eine Opposition auch durch den Entzug zum Zugang des üblichen Geldsystems bekämpft wird. Methoden, die hier gelegentlich etwa gegen die organisierte Kriminalität angewendet werden, werden dort auch auf die (kriminalisierte) Opposition angewendet.

Die Kehrseite liegt natürlich darin, dass hiesige Kriminelle genau deshalb auch dieses System nutzen. Allerdings sind auch die Ermittlungsbehörden nicht untätig: Die Blockchain speichert für alle einsehbar vergangene Transaktionen, wenn auch nicht mit dem Namen, sondern nur mit einem kryptographischen Wallet. Aber wenn jemand regelmäßig Bitcoin als Zahlungsmittel nutzt, so geschieht das für eine Gegenleistung. Man kann dann mit entsprechendem Ermittlungsaufwand über die Blockchain an sehr viele Informationen über eine Person und deren Geschäftsbeziehungen kommen. Über die Informationen in der Bitcoin-Blockchain wurde Anfang 2022 ein großer Personenkreis, der an Kinderpornographie beteiligt war, und dessen Teilnehmer glaubten, über Bitcoin ihre Anonymität bewahren zu können, ausgehoben.

Vertrauensverlust

Viele Befürworter von Krypto-Währungen beziehen ihre persönlichen Erfahrungen wohl aus den erlebten historischen Zusammenhängen: Gegen Ende des 20. Jahrhunderts verbreitete sich die Vorstellung von Effizienzsteigerungen in der Wirtschaft mit zunehmende Wohlstand zumindest für die Mitglieder der Industriegesellschaften durch mehrere Aspekte:

  • Weltweiter Freihandel
  • Globale Verbreitung des Kapitalismus mit Investitions- und WTO-Schutz
  • Digitalisierung und Internet

Nach dem Anschlag auf das World Trade Center und dem Sturz der Börsenkurse der Dot-Com-Unternehmen reduzierte sich das Wirtschaftswachstum deutlich.

Vor allem in den USA reagierte man mit einer Deregulierung der Finanzinstitutionen: In den Briefkästen fand sich nicht mehr die Werbung für AOL, sondern für Kreditkarten. Daneben konnten immer leichter Kredite vor allem für Einfamilienhäuser vergeben werden, weil diese Kredite (unter anderem infolge eines meist sehr positiven (AAA-)Ratings) als sogenannte asset backed securities (ABS) mit vergleichsweise hohen Gewinnen an anlagesuchende Unternehmen wie Pensionskassen, Versicherungen oder andere Vermögensverwaltungen verkauft werden konnten. Sie versprachen gesicherte Zinseinnahmen bei hoher Sicherheit, denn hinter den Finanztiteln standen wahre Werte, die Immobilien bzw. die mit diesen Immobilien gesicherten Kredite. Die lockere Geldpolitik (die Bitcoin begrenzen soll) führte über die Subprime-Krise zu einer weltweiten Wirtschaftskrise.

Sie begann 2007 als „Immobilienkrise“ auf dem sogenannten Subprime-Markt, dem Handel mit durch Grundsicherheiten unterlegten Krediten, der auf ständig steigende Immobilienpreise ruhte.8) Mit den Krediten wurde gehandelt, indem Pakete mit z. B. Krediten im nominalen Wert von 500 Mio. USD zusammengestellt und mit einer Versicherung gegen Kreditausfall verkauft wurden. Dieses System, das vor allem in der Finanzbranche zu äußerst hohen Einkommen und Gewinne geführt hat, ist zusammengebrochen. Merrill Lynch musste beispielsweise 2007 bilanzielle Wertberichtigungen in Höhe von 23,2 Mrd. US-Dollar an ihrem Bestand von US-amerikanischen Collateralized Debt Anleihen (CDO) und Subprime-Krediten vornehmen. Große Finanzinstitute wurden von den Staaten mit äußerst hohen Geldbeträge gerettet. Mit der Insolvenz der Lehman Brothers, die viele notleidende Kredite versichert hatte, breitete sich die Krise allgemein aus. Eine Folge hiervon war, dass auch der sogenannte Interbanken-Markt nicht mehr funktionierte: Banken konnten anderen Banken (bzw. deren Zahlungsfähigkeit) nicht mehr trauen. In der Krise verloren vor allem in den USA viele Personen aus dem Mittelstand einen erheblichen Teil ihres Vermögens (das sich regelmäßig aus Immobilien, dem KFZ und Geldanlagen zusammensetzt), während die Großen vom Staat gerettet wurden, weil to big to fail.

Diese Enttäuschung wurde ergänzt im Bereich des Internets, das ursprünglich als eine Art Utopia einer neuen Freiheit verstanden wurde.9) Viele konnten unabhängig von irgendwelchen lästigen Mittelsmännern wie Verlage Texte veröffentlichen oder mit wenig Kapital einen Online-Handel mit Waren oder Dienstleistungen anfangen. Der Kauf von vor allem standardisierten Waren wie Markenprodukte oder Bücher, Reisebüros, Sex, Bekanntschaften, Arbeitsvermittlung, Wohnungssuche, Gebrauchtwaren etc. Diese Phase des „Wilden Westens“ im Internet, wo jeder, der wollte, sein eigener Herr sein konnte, dauerte nicht lange, denn es kam zu der „Zentralisierung“ (wie es in der Kryptowelt heißt) oder zur Graphnahme (Beschreibung bei Michael Seemann). Einige Konzerne sind unangefochtene Platzhirsche in bestimmten Leistungsbereichen, etwa Google: Suchmaschinen, Facebook: soziale Kontakte, Amazon: Online-Handel, Microsoft: PC-Software, Steam: Computerspiele, Apple und Google: Betriebssysteme für Smartphones usw. Es handelt sich nicht mehr um regional oder national agierende Unternehmen. Viele sind weltweit tätig und oft überall Marktführer (sofern nicht eine staatliche Macht wie z. B. China durch Regulierung dagegen hält).

Dahinter steht die Vorstellung, dass Banken, Zentralbanken und der Staat ihre Möglichkeiten und Macht mit nachteiligen Folgen ausnutzen.

Dies scheinen die aktuell wichtigsten Aspekte zu sein, die für Krypto-Währungen ins Feld geführt werden:

  • Begrenzung der Möglichkeit der Kreditvergabe, weil es nicht unbegrenzt Bitcoins gibt. Neue Bitcoins werden nicht vom Staat geschaffen, sondern unabhängig von einer einzelnen Instanz im Rahmen des Proof of Work durch Energieverbrauch.
  • Dezentralisierung

Keine Banken

Bei dem normalen Geldumlauf ist nicht ersichtlich, welche Vorteile Bitcoin haben soll. Ob das Geld auf einer Sparkasse liegt oder in der Blockchain erscheint zunächst irrelevant, weil Bitcoin insoweit keine anderen Funktionen erfüllen soll als Geld.

Die Banken vereinnahmen z. B. Kontoführungsgebühren, während bei der Blockchain an die Miner für den Validierungsprozess Krypto-Geld bezahlt wird. Wenn die Miner einen neuen Block (mit derzeit 6,25 Bitcoins) zugesprochen bekommen, erhalten sie zusätzlich (derzeit offenbar rund einen weiteren Bitcoin, wie in diesem Video ab ca. min 20 ein gut informierter Befürworter erläutert Blocktrainer) Entgelt dafür, dass sie die Transaktionen validieren. Wenn man die Unmenge an Energie im Verhältnis zu der geringen Zahl an Bitcointransaktion sieht (die Zahl der Nutzer von Bitcoin liegt derzeit vermutlich unter 30 Mio. Personen und Unternehmen), wird klar, dass einzelne Transaktionen mit Bitcoin deutlich teurer sind und angesichts des abenteuerlich energieintensiven Validierungsprozesses sein müssen als normale Geldgeschäfte.

Eine Folge hiervon ist, dass die Transaktionen nicht mehr unmittelbar über die Blockchain abgewickelt werden (Off-Chain-Transaktionen ). Man bezahlt oder verkauft auf der Grundlage von Bitcoin (in Sats, wie die kleinere Denomination heißt), ohne dass das Einfluss auf die Blockchain hat. Sie werden nicht mehr als Transaktion an die Blockchain angehängt, sondern über über Bitcoin-Exchanges abgewickelt. Der Unterschied gegenüber online-Banking wird allerdings gering, denn man muss ein Konto (das wiederum Wallet heißt) mit Kryptogeld auffüllen, indem Bitcoins in der Blockchain gesperrt werden. Zu- und Abgänge von Kyptogeld können so deutlich schneller und wenig Strom verbrauchend abgewickelt werden. Der Grund liegt darin, dass man sich dem herkömmlichen Bankensystem angenähert hat. Man hat kein Guthaben bei einer Bank in herkömmlichen Geld, sondern ein Guthaben in Sats bei einem Exchange-Service, der in der Regel eine geringere Sicherheit bei höheren Kosten und einer vergleichsweise ungeregelten Haftung bietet.

„Banking the unbanked“ hört man oft von Krypto-Millionären: Es wird vorgebracht, dass mittels Bitcoin Personen, die infolge von Armut kein Bankkonto hätten, dieses mit dem regelmäßig verfügbaren Mobiltelefon und Internetzugang durch Bitcoin ersetzen könnten. An der Armut der betroffenen Personen ändert das natürlich nichts und es ist auch nicht erkennbar, wieso diese Leistung Banken mit gewöhnlichem Geld nicht erbringen könnten. Vielmehr ist Bitcoin wegen der hohen Transaktionskosten für die notwendigen Änderungen der Zuordnung in der Blockchain ungeeignet, so dass es tatsächlich kaum um „banking the unbanked“ geht, sondern bestenfalls um eine Verdrängung der Banken durch andere Serviceunternehmen, die dieselbe Leistung gegen Entgelt erbringen wollen.

Ende der Geldschöpfung durch Banken?

Geschichte der Bank of England

Wenn wir die Geschichte der Bank of England betrachten, wird klar, dass allein die Begrenzung der Bitcoin auf 21 Millionen Einheiten keineswegs das Ende der Geldschöpfung durch Banken bedeutet. Kurz zusammen gefasst passierte gegen Ende des 17. Jahrhunderts in London Folgendes:

  1. Die Kaufleute erwarben als Geld vor allem Goldmünzen, die sie ungern in der Kasse in ihrem Ladenlokal oder ihrem Haus (was oft dasselbe war) liegen ließen. Zuerst brachten sie ihre Goldvorräte in den Tower of London, der bewacht war und unter dem Schutz des Königs stand. Der englische (und schotttsche) König Karl I wollte vom Parlament finanzielle Mittel genehmigt bekommen, um in einen Krieg gegen schottische Presbyterianer zu ziehen. Das Parlament verweigert ihm jedoch die finanzielle Mittel und die einträgliche Steuer ship money wurde von der Oberschicht bekämpft. Das veranlasste Charles I. dazu, 200 000 Pfund der Goldvorräte im Tower als eine Art Zwangsanleihe an sich zu nehmen, was von den Kaufleuten nicht goutiert wurde.
  2. Die Kaufleute gingen deshalb dazu über, ihre Goldvorräte bei Goldschmieden zu deponieren, da diese auch gegen Diebstahl gesichert waren. Die Goldschmiede stellten den Kaufleuten Bestätigungen aus, dass sie eine bestimmte Menge an Goldmünzen in Empfang genommen hatten und verpflichteten sich, entsprechend der note Goldmünzen auf Verlangen wieder herauszugeben.
  3. Nachdem dieses System über eine längere Zeit zufriedenstellend abgewickelt wurde, gingen die Kaufleute dazu über, ihre Verbindlichkeiten nicht mehr in klingender Münze zu bezahlen, sondern durch Übergabe des Papier eines Goldschmieds. Auch wenn der Handel in Pfund (Goldmünzen) vereinbart war, genügte zur Bezahlung, dass man seinen Anspruch gegen einen Goldschmied auf einen anderen übertrug. Bis dahin entsprachen die notes eines Goldschmieds den bei ihm gelagerten Goldvorräten.
  4. Wieder einige Zeit später gingen die Goldschmiede dazu über, die vorhandenen Goldvorräte gegen Zinsen zu verleihen. Ab diesem Zeitpunkt waren sie nicht mehr in der Lage, sämtliche Versprechen auf Herausgabe von Goldmünzen gleichzeitig zu erfüllen. Vielmehr hätten sie warten müssen, bis die Kreditschuldner ihre Kredit getilgt hatten. In ihren Handelsbüchern waren dementsprechend enthalten
    1. die Versprechen, an die Einzahler bestimmte Geldbeträge zu leisten (als Verbindlichkeit);
    2. nur noch ein Teil des von den Einzahlern deponierten Geldes in bar;
    3. die Versprechen der Kreditnehmer, bestimmte Geldbeträge zurück zu zahlen (als Forderung).
  5. Auf diese Art ließ sich rechnerisch eine Verdoppelung der Geldmenge schaffen.
  6. Wieder einige Zeit später gingen die Goldschmiede dazu über, anstelle der Überlassung von Gold auch den Kreditnehmern nur noch notes zu geben, so dass sich die Menge des Geldes nochmals vergrößerte. Die Goldschmiede hatten sich in Banken gewandelt, die Geld durch Kredite schöpften. Sie mussten eine gewisse Mindestreserve an Gold haben, um die regelmäßigen Forderungen auf Auszahlung in Gold der Inhaber der notes bezahlen zu können. Solange die meisten Kaufleute die Goldmünzen bei den Banken liegen ließen und im Handel den Banknoten vertrauten, war die Geldschöpfung durch Vergabe von Krediten möglich.
  7. Als die Bank of England 1694 gegründet wurde, übernahm sie diese Methode. Sie gab ihre Bestätigungen für das Deponieren von Geld aus, genauso wie sie Kredite vergab: Durch das Versprechen, bei Vorlage in Gold zu bezahlen. Diese schriftlichen Versprechen wiesen wie manche moderne Banknoten die Worte „promises to pay“ auf.

Die Bilanz einer Goldschmied-Bank könnte zu Beginn etwa wie folgte aussehen (wobei man Goldmünzen auch durch Bitcoin ersetzen kann):

Aktiva Passiva
Goldmünzen 1000 Banknoten 1000

Nachdem er Kredite über 800 £ ausgegeben hat, würde die Bilanz wie folgt aussehen:

Aktiva Passiva
Goldmünzen 200 Banknoten 1000
Kreditforderung 800

Es sind 800 Goldmünzen (bei den Kreditnehmern, die bei der Bank nur als Verminderung des Bestands an Goldmünzen erscheinen) und Banknoten für 1000 Münzen im Umlauf. Da sowohl die Banknoten als auch die 800 Goldmünzen aus dem Darlehen als Geld funktionieren, hat sich die Geldmenge um 800 erhöht. Bei dem Goldschmied hat sich die Bilanzsumme noch nicht verändert. Wieso sind es nur 1800 £, wenn es Banknoten für 1000 £ und 1000 £ Goldmünzen gibt? Die bei der Bank liegenden Goldmünzen werden nicht als Teil der im Umlauf befindlichen Geldmenge angesehen.

Wenn er anstelle von Goldmünzen Kredite in Form von Banknoten vergibt, sieht die Bilanz vielleicht wie folgt aus. Die Trennung der Banknoten in Einzahler und Kreditgeschäft dient nur zum einfacheren Verständnis, denn der Goldschmied muss für die gesamten 10 000 £ in Banknoten den Betrag in Gold auszahlen:

Aktiva Passiva Erläuterung
Goldmünzen 1000 Banknoten 1000 Einzahler
Kreditforderungen 9000 Banknoten 9000 Kreditgeschäft

Die Bilanzsumme des Goldschmieds, der zu einer Bank wurde, hat sich auf 10 000 £ vergrößert. Es sind Banknoten für 10 000 £ im Umlauf. Die Geldmenge hat sich verzehnfacht. Die Bank muss für die ausgegebenen Banknoten 10 000 £ in Goldmünzen zahlen, hat aber nur 1000 £ in Goldmünzen; die anderen 9000 £ sind Forderungen an ihre Kreditnehmer, die sich verpflichtet haben, der Bank 9000 £ in Goldmünzen zu bezahlen. Die Bank kann also nur 10 % der Banknoten in Gold bezahlen, ist also darauf angewiesen, dass nur ein geringer Teil eingelöst wird. Längerfristig ist sie darauf angewiesen, das die Kreditnehmer zahlungsfähig sind und ihre Schulden bezahlen.

Umgekehrt gilt das gleiche Prinzip: Werden Kredite wieder zurückgezahlt, verringert sich die Geldmenge. Die Bank hat keine Forderung gegen sich selbst. Vielmehr ist das Geld verschwunden.

Bitcoin

Das vorstehende Beispiel verdeutlicht, dass es gleichgültig ist, ob nun Gold, Kauri oder Bitcoin in der Menge absolut begrenzt sind, denn die „Geldschöpfung aus dem Nichts“ ist in allen Varianten möglich. Wie etwa hier die | Bundesbank ausführt, kann eine Geschäftsbank neues Geld durch bloße Kreditvergabe schöpfen (es kommt zu einer Bilanzverlängerung). Auf die Bilanz der Zentralbank hat das keinen Einfluss. Wenn der Kunde von Bank A das Kreditguthaben auf ein Konto des Verkäufers bei Bank B überträgt, erfolgt das zwar über die Zentralbank, jedoch in aller Regel nur mit dem Zweck des Ausgleichs zwischen den Banken. Das durch die Vergabe von Krediten geschaffene Buchgeld bleibt so lange erhalten, bis die Kredite wieder zurück gezahlt werden. Viele Darstellungen in diesem Zusammenhang sind schlichtweg falsch.

Dass es nie mehr als 21 Millionen Bitcoin geben soll, führt weder dazu, dass Bitcoin keine Fiat-Währung ist, noch dass es keine Inflation geben kann.10) Zentralbanken schaffen in der Regel kein Geld, sondern Geschäftsbanken und sie können das auf der Grundlage von Euro ebenso wie auf der Grundlage von Gold oder Bitcoin. Tether und Bitcoin scheinen hier „Hand in Hand“ zu gehen. Und die Vorstellung, mit Bitcoin würde es keine Kredite und Zinsen geben, wovon die insoweit nur als einfältig zu bezeichnenden Coiner ausgehen müssen, ist im Kapitalismus kaum vorstellbar.

Da das reguläre Bankensystem zumindest zum Teil strenger reguliert wurde, nimmt seit Jahren das sogenannte Schattenbankensystem zu. Es handelt sich um dabei um diverse Akteure, die in erster Linie viel Geld verwalten (das sie von z. B. von Anlegern, Zeichnern von Fonds usw. erhalten haben) oder als Kredit aufnehmen. Sie betreiben kein genehmigungspflichtiges und einer besonderen Aufsicht unterliegendes Kreditgeschäft, sondern kaufen hauptsächlich Wertpapiere, die der Kunde nach einiger Zeit mit einem Aufschlag (Zins) wieder zurück kaufen muss. Der „Kunde“ verkauft also beispielsweise Wertpapiere für 100 und verpflichtet sich zugleich, die Wertpapiere nach 12 Monaten für 105 wieder zurück zu kaufen. Kann er den Rückkauf nicht finanzieren, dienen die Wertpapiere als Sicherheit.

Im Hinblick auf die Geldschöpfung muss man auch berücksichtigen, dass der normale Zahlungsverkehr sowieso nicht unmittelbar über die Blockchain von Bitcoin abgewickelt wird, weil das viel zu langsam und teuer ist.11) Die Blockchain ist kaum in der Lage, die Zahlungsvorgänge von zehn gut besuchten Supermärkten zu bewältigen, weil weniger als zehn Transaktionen in einer Sekunde durchgeführt werden können. Für solche Zahlungen sind derzeit die „Sats“ und das sogenannte „lightning network “ vorgesehen, bei denen keine Änderungen der Bitcoin-Blockchain stattfindet. Die Annäherung an das System der Goldschmiede ist bereits vollzogen, weil es keinen prinzipiellen Unterschied begründet, ob 1000 £ oder 1000 BTC bei einer Institution liegen und mit den von dieser Institution ausgegeben Token gehandelt wird. Wenn die Bank oder der Krypto-Exchange-Dienst die Guthaben nicht in klingende Münze tauschen kann, ist meistens die Bank bzw. der Exchange-Dienst insolvent und die Guthaben lösen sich in nichts als Ärger auf.

Eine zentrale Institution, die Bitcoin aus dieser technischen Sackgasse herausführen kann, wird zudem abgelehnt. Selbstverständlich können die Nutzer von Bitcoin auf eine der inzwischen zig-Tausend alternativen Coins wechseln, aber praktisch erscheint das kaum durchführbar. Der Wechsel müsste sich praktisch in einem Tausch der Bitcoins gegen eine Alternative vollziehen. Das ließe sich nur zwangsweise über einen Eingriff in das gegenwärtige Protokoll (wer hat die entsprechende Autorität zu dieser Veränderung?) durchführen. Die Alternative wäre ein Verkauf der eigenen Bitcoins und Kauf von alternativen Coins. Das Durcheinander kann man nur ahnen, den die Nachfrage nach Bitcoin würde fortlaufend sinken, der Preis würde in kürzester Zeit ins Bodenlose fallen.

Solange die Refinanzierungszinsen der Banken niedriger sind als die Zinsen, die sie für die von ihnen vergebenen Kredite erhalten, verdienen sie an dem spread und haben ein Interesse daran, immer mehr Kredite zu vergeben (solange die Rückzahlung gesichert erscheint; etwaige Ausfälle werden eingepreist).12) Auch daran würde die Mengenbegrenzung von Bitcoin auf 21 Millionen Einheiten nichts ändern.

Deflationäre Gestaltung

Man kann versuchen, das Geldsystem deflationär oder zumindest inflationsfrei gestalten, um das Wirtschaftswachstum zu bremsen (was angesichts der gegenwärtigen sachlichen Probleme m. E. angezeigt ist). Diesen Zustand hatten wir etwa in der frühen Neuzeit oft: Die Preise variierten zwar auch, aber die Inflation war langfristig niedrig oder negativ und es gab kaum eine Zunahme des Bruttoinlandprodukts pro Kopf. Stieg das Bruttoinlandprodukt, vergrößerte sich die Bevölkerung, jedoch nicht die Menge der verfügbaren Güter pro Kopf.

Eine Folge von deflationärem Geld wäre, dass die gegenwärtigen Reichen ihr Geld (Vermögen) in gierigerem Ausmaß investieren, weil sich der Wert fortlaufend erhöht. In einer deflationären Wirtschaft haben die Geldinhaber Vorteile. Geldinhaber verwandeln sich grundsätzlich in „Sparer“. Sie werden Kredite regelmäßig nur gegen Zinsen vergeben, die höher sind als die Deflation; für Investitionen gilt Ähnliches: Die Renditeerwartung muss höher sein als der Wertzuwachs des Geldes. Das erscheint gegenwärtig kaum vorstellbar, denn das kapitalistische System beruht darauf, dass das Kapital sich fortlaufend vermehrt. Ein Teil des Vermögens wird als Kapital investiert, um in Zukunft durch den Ertrag das Vermögen zu vergrößern. Daran ändert sich bei steigenden oder sinkenden Preisen nichts (sofern die Preisänderungen nicht dramatische Ausmaße annehmen).


Fortsetzung

1)
Bei den diversen Wertbegriffen herrscht allerdings vor allem ein Durcheinander. In der Regel wird unter dem „Wert“ der „Preis“ verstanden. Es ist auch sinnvoller vom „Preis“ zu sprechen, denn die mit dem Wort „Preis“ verbundenen Vorstellungen passen regelmäßig besser. Der Preis kann steigen und fallen und hängt hauptsächlich davon ab, ob es zu einem Geschäft kommt (in diesem Rahmen kommt es zu „Bewertungen“: Welches Opfer bin ich bereit aufzubringen, um an eine Leistung zu kommen. Die andere Seite bewertet auch, ob das Geschäft für sie vorteilhaft ist.). Viele „wertvolle“ Gebrauchsgegenstände werden im Laufe der Zeit zu wertlosem Müll, eine Last, derer man sich entledigen will. „Intrinsischer Wert“ meint in der Regel eine dem Objekt eigene Gebrauchsmöglichkeit außerhalb des bloßen Tauschens. Die Gebrauchsmöglichkeit ist allerdings von vielen Faktoren abhängig, nicht feststehend und kann auch nicht verallgemeinert werden. Ein Tonbandgerät mag vor 50 Jahren wertvoll gewesen sein – inzwischen ist es bestenfalls ein Sammlerobjekt. Eine Brille ist nur für manche nützlich usw.
2)
Bitcoin ist – entgegen all den Äußerungen – eine Fiat-Währung. Sie werden allerdings bislang kaum als Währung genutzt, sondern hauptsächlich für Spekulationen. Die sich die hieraus ergebende Umverteilung ist ein Nullsummenspiel.
3)
Das gewöhnliche Geld hat üblicherweise den Vorteil, dass man damit Steuern bezahlen kann oder dass Gerichte Schadensersatz auf der Grundlage der offiziellen Währung zusprechen. Es gibt in diesem Sinne eine hoheitliche Garantie, dass man mit dem gesetzlichen Zahlungsmittel zumindest bestimmte Zwecke wie die Tilgung von Verbindlichkeiten erreichen kann.
4)
Dem liegt eine einfache Gleichung zugrunde: Geldmenge x Umlaufgeschwindigkeit = Preisniveau x Produktionsmenge, die auf neoklassischen Annahmen beruht. Man kann zum Beispiel sagen, wenn mehr produziert und gehandelt wird, die Geldmenge aber gleich bleibt, dann wird ein dasselbe Geld öfter in Geschäften eingesetzt. Ein Geldschein liegt dann nicht mehr so lange in der Kasse, sondern wird schneller wieder für andere Geschäfte verwendet. Ein simples Beispiel mit zwei Handelswaren Brot und Wein: Wenn der Bäcker an den Weinhändler 10 % mehr Brot verkauft und der Weinhändler mehr 10 % Wein an den Bäcker verkauft, steigt das Bruttoinlandsprodukt. Bleiben die Preise und die Geldmenge gleich hoch, steigt die Umlaufgeschwindigkeit. Aus so einer Gleichung lässt sich aber nicht zwingend schließen, dass wenn das die Erhöhung der Geldmenge bei gleich hohem Bruttoinlandsprodukt zu einer Preiserhöhung führen muss. Wenn mehr Geld vorhanden ist, erhöhen sich oft „andere Preise“, also die für Aktien oder Immobilien; mit mehr Geld hat sich auch die Preis für Bitcoins erhöht. In den Lehrbüchern müssen für einen kausalen Zusammenhang irreale neoklassische Annahmen zugrunde gelegt werden, etwa ein transparenter Markt, bei dem die Marktteilnehmer die zukünftige Rendite bzw. Dauer der Abschreibung von Investitionen auf lange Zeit im Voraus berechnen, oder sinkende Gewinne durch Wettbewerb, während in der gegenwärtigen Inflation die Gewinne der Ölindustrie gewaltig angestiegen sind. Ferner wird angenommen, dass die Wirtschaft sich in einem Gleichgewicht befindet, in der die Produktionsmenge maximiert ist. Eine Erhöhung des Outputs ist nur möglich, wenn entweder mehr Kapital eingesetzt wird oder die Arbeitsleistung erhöht wird. Wird in dieser Situation zusätzliches Geld zugeführt, bleibt die Produktionsmenge gleich, jedoch vergrößert sich die Kaufkraft (vorübergehend), was zu einem Steigen der Nachfrage und, da der Output nicht erhöht wird, zwangsläufig zu höheren Preisen führen soll. Auch langfristig kann die Theorie nur richtig sein, wenn nicht andere Faktoren einen überwiegenden Einfluss haben, es also z. B. keine Coronakrise oder Änderung der Insolvenzen gibt.
5)
Es sind in Deutschland gegenwärtig 650 Arten, die folglich auch Aggregate sind, etwa Miete, Kleidung, Schuhe, Obst, Fleisch, Kraftstoff usw. Es wird vermutet, dass der typische Haushalt im Schnitt z. B. 0,2 % für Koch- und Essgeschirr, 10 % Kraftstoffe, 25 % für Miete und 1 % für Körperpflegeprodukte ausgibt. Hat man auf diese Art die gesamten typischen Ausgaben addiert (100 %), wird ein durchschnittlicher Preis für alles ermittelt. Die Addition wird zu einem späteren Zeitpunkt mit neuen Preisen wiederholt. Ist das Ergebnis größer, hat man definitionsgemäß eine Inflation, ist es niedriger, eine Deflation.
6)
Solange man nur die Preisänderung betrachtet, liegt nur eine Um- oder Andersverteilung der Einkommen vor. Zumeist sind Preisänderungen aber nicht nur nicht folgenlos – die Funktionsfähigkeit der Marktwirtschaft beruht auch auf den Reaktionen auf Preisänderungen. Die Behauptung, der Staat würde die Inflation dazu nutzen, die eigene Schuldenlast zu vermindern, ist wenig schlüssig. Dem liegen dem Fehlannahmen zu Grunde. Der Staat ist kein Händler, der auf Kredit einen Warenvorrat gekauft hat, den er infolge der Inflation mit einem höheren Gewinn verkaufen könnte. Seine Haupteinnahmequelle sind Steuern. Insoweit ist es in aller Regel richtig, dass bei einer höheren Inflation sich auch die Steuereinnahmen nominal erhöhen (während die alten Staatsschulden nominal gleich bleiben). Wenn der Preis für ein Produkt um z. B. 10 % steigt, erhöht sich auch die Umsatzsteuer entsprechend. Wenn die Einkommen oder Löhne steigen, erhöhen sich die entsprechenden Steuereinnahmen. Allerdings muss man berücksichtigen, dass ein Staat auch Schulden aufnimmt, um damit Leistungen zu erwerben. Die Preise der Leistungen steigen auch. An dem eigentlichen Geldsystem nimmt das Zentralbankgeld derart teil, dass der Staat damit Leistungen einkauft. Eine andere Einnahmequelle sind Staatsanleihen. Das ist „frisch gedrucktes“ Zentralbankgeld, das aber in Deutschland nur Banken „abrufen“ können. Es werden vom Finanzministerium Auktionen durchgeführt (Wer ist bereit, wie viel für die Staatsanleihe zu bezahlen?). Die Staatsanleihe ist ein Vertrag, wonach der Staat sich verpflichtet, zu einem bestimmten Zeitpunkt einen bestimmten Betrag dem Inhaber der Staatsanleihe gut zu schreiben. Staatsanleihen können von Banken dazu genutzt werden, die Ausschöpfung ihrer Kreditlinie (sog. Fazilität) bei der Zentralbank zu reduzieren (dann verschwindet das Zentralbankgeld). Sind sie nicht fällig, können sich als Sicherheit dienen. Am eigentlichen wirtschaftlichen Geschehen nehmen die Staatsanleihen nur mittelbar teil, durch die Zinszahlungen des Staates an die Inhaber der Papier und als eine Grundlage für die Kredite der Banken.
7)
Was auch für den Bitcoin-Preis gilt, der ebenfalls aus diesen Gründen gestiegen sein wird.
8)
Sie war möglich, weil die Finanzmärkte dereguliert wurden. und damit auch die Kreditvergabe erleichtert wurde. Es wurden zudem immer mehr Finanzprodukte ausgedacht, Derivate, undurchschaubare Finanztitel an anderen Finanztiteln. Die sinkenden Immobilienpreise bei gleichzeitig erhöhter Zahlungslast für Zins und Tilgung führte dazu, dass viele Immobilieneigentümer mit Verlust verkaufen mussten. Das führte zu einer Reduzierung des Preises von weiteren Immobilien, wodurch weitere Kredite notleidend wurden.
9)
Vgl. etwa John Perry Barlow, der den Cyberspace zu einem exterritorialen Raum erklärte: Declaration of the Independence of Cyberspace
10)
Richtig ist, dass die Bitcoin-Spekulation nur funktionieren kann, wenn der Bitcoin „deflationär“ ist, also der Preis immer weiter steigt, denn nur dann gibt es genügend Nachschub an gewöhnlichem Geld, um einen Ausverkauf zu verhindern oder um etwa die immensen, immer weiter steigenden Stromrechnungen für den Proof of Work zu begleichen.
11)
Regelmäßig wird von den Befürwortern auch empfohlen, dass man „seine“ Bitcoins nicht ausgeben soll: HODL. Damit wird die eigentlichen Geldfunktionalität aufgehoben, denn Geld, das nicht im Umlauf ist, ist „als Geld“ nicht vorhanden, sondern im Kern nur Mittel einer Spekulation.
12)
Dementsprechend besteht gegenwärtig weitgehend Einigkeit, dass eine Steuerung der Kreditvergabe nur über die Zinshöhe nicht ausreicht. Es müssen – gleichgültig ob herkömmliches Geld oder Bitcoin – Regeln für die Geldschöpfung durch Kreditvergabe geschaffen werden.

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