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geschichte:nachdruck [2017/10/02 18:58] – [Luther] eckhardgeschichte:nachdruck [2018/06/01 12:36] – [2.3 Buchdruck] eckhard
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 +~~CLOSETOC~~
 ===== 2.3 Buchdruck ===== ===== 2.3 Buchdruck =====
  
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 Wenn man sich über die Geschichte des Urheberrechts und die Nachdrucker in der frühen Neuzeit  informiert, wird man selten mit den tatsächlichen Wirkungen, oft aber zuerst mit Luther konfrontiert, der vom Nachdruck als grosse öffentliche Räuberei, die Gott wohl auch strafen wird, sprach. Dass Luther an anderer Stelle von den Verlegern keinen Deut besser sprach, wird regelmäßig unterschlagen. In zahllosen Schriften zum Urheberrecht wurde die zweifelhafte Behauptung aufgestellt, Luther habe die Nachdrucker allgemein verurteilt und sei von einer ausschließlichen Befugnis des Autors zur Vervielfältigung seiner Werke ausgegangen.((Vgl. etwa Schmid S.~4; Elvers S.~233; Jolly S.~6 f.; Dambach S.~232; Kohler S.~83; Klostermann S.~11; Tietzel S.~45.))  Beides ist nicht zutreffend und widerspricht der in Luthers Zeiten verbreiteten christlichen Haltung zur Ansammlung von Reichtum. Aber die Ursupation großer Namen //im Interesse der guten, der eigenen Sache// durchzieht die gesamte Rezeptionsgeschichte zum Urheberrecht. Wenn eine historische Gestalt etwas gesagt hat, was in Richtung eines Nachdruckverbots gedeutet werden kann, wurde und wird sie zum Verfechter des Urheberrechts erklärt.((Diese Entstellung findet man oft sogar geeint mit der Feststellung, das Urheberrecht sei zum Schutz der Persönlichkeit vor Entstellung notwendig.)) Auffällig ist die durch geschickte Auswahl der Zitate unlautere Sinnverfremdung bei Kohler,((Kohler S.~83)) für die Luther wohl kaum freundlichere Worte als für die Nachdrucker übrig gehabt hätte. Wenn Luther überhaupt finanzielle Interessen unterstellt werden können, dann streift eher die Interpretation von Kapp((Kapp S.~425.)) und Bappert((Bappert S.~217.)) den Rand der Aussage, nämlich dass es um den geschmälerten Ertrag der Wittenberger Erstdrucker ging, dass ein »Druckherr […] dem anderen so offensichtlich raubt und stilt das seine …« Aber selbst das wäre übertrieben, denn nur nach Gewinn strebende Kaufleute trieben es nach Luther schlimmer als Straßendiebe und Straßenräuber.((Bubenheimer S.~145.))  Wenn man sich über die Geschichte des Urheberrechts und die Nachdrucker in der frühen Neuzeit  informiert, wird man selten mit den tatsächlichen Wirkungen, oft aber zuerst mit Luther konfrontiert, der vom Nachdruck als grosse öffentliche Räuberei, die Gott wohl auch strafen wird, sprach. Dass Luther an anderer Stelle von den Verlegern keinen Deut besser sprach, wird regelmäßig unterschlagen. In zahllosen Schriften zum Urheberrecht wurde die zweifelhafte Behauptung aufgestellt, Luther habe die Nachdrucker allgemein verurteilt und sei von einer ausschließlichen Befugnis des Autors zur Vervielfältigung seiner Werke ausgegangen.((Vgl. etwa Schmid S.~4; Elvers S.~233; Jolly S.~6 f.; Dambach S.~232; Kohler S.~83; Klostermann S.~11; Tietzel S.~45.))  Beides ist nicht zutreffend und widerspricht der in Luthers Zeiten verbreiteten christlichen Haltung zur Ansammlung von Reichtum. Aber die Ursupation großer Namen //im Interesse der guten, der eigenen Sache// durchzieht die gesamte Rezeptionsgeschichte zum Urheberrecht. Wenn eine historische Gestalt etwas gesagt hat, was in Richtung eines Nachdruckverbots gedeutet werden kann, wurde und wird sie zum Verfechter des Urheberrechts erklärt.((Diese Entstellung findet man oft sogar geeint mit der Feststellung, das Urheberrecht sei zum Schutz der Persönlichkeit vor Entstellung notwendig.)) Auffällig ist die durch geschickte Auswahl der Zitate unlautere Sinnverfremdung bei Kohler,((Kohler S.~83)) für die Luther wohl kaum freundlichere Worte als für die Nachdrucker übrig gehabt hätte. Wenn Luther überhaupt finanzielle Interessen unterstellt werden können, dann streift eher die Interpretation von Kapp((Kapp S.~425.)) und Bappert((Bappert S.~217.)) den Rand der Aussage, nämlich dass es um den geschmälerten Ertrag der Wittenberger Erstdrucker ging, dass ein »Druckherr […] dem anderen so offensichtlich raubt und stilt das seine …« Aber selbst das wäre übertrieben, denn nur nach Gewinn strebende Kaufleute trieben es nach Luther schlimmer als Straßendiebe und Straßenräuber.((Bubenheimer S.~145.)) 
  
-Luther wurde für seine Texte von seinen Verlegern nicht bezahlt und hat den Nachdruck als Mittel durchaus geschätzt, seine reformatorischen Lehren schnell und weiträumig zu verbreiten.((Ausführlich Flachmann S.~40, m. w. Nachw.; Kapp S.~313, 423; Wittmann S.~51 f.)) Er sprach 1541 zwar davon, dass »reuberische Nachdrücker mit unser Arbeit untreulich umgehen«. Er meinte damit jedoch nicht, dass ihm etwas weggenommen wurde – er habe es umsonst empfangen und gegeben und begehre dafür nichts (wörtlich: »Wiewol meinet halben daran nichts gelegen/ Denn ich habs vmb sonst empfangen/ vmb sonst hab ichs gegeben/ vnd begere auch dafur nichts«) –, sondern dass die Arbeit nicht ordentlich – untreulich eben – gedruckt wurde. Die scharf klingenden Worte täuschen, denn Luther war in seiner Polemik fast immer maßlos, etwa wenn er forderte, man solle aufständische Bauern wie tolle Hunde erwürgen, oder gegen Erasmus von Rotterdam gerichtet: »Wer den Erasmus zerdrückt, der würget eine Wanze, und diese stinkt tot noch mehr als lebendig.«((Friedell S.~314 (Bd. 1). Die Parteinahme Luthers gegen die Bauern wird aus heutiger Sicht üblicherweise als Verkennung der berechtigten Belange der Bauern eingestuft. Während der Bauernkriege des 16. Jahrhunderts entwickelten sich in Deutschland die ersten Ansätze für die in der Aufklärung so bedeutsame Idee der Verbindung von persönlicher Freiheit und Eigentum als ein Bereich der eigenverantwortlichen Regelung der gemeindlichen Belange; Schmidt S.~68--71. Die militärische Niederlage der Bauern, deren vergleichsweise moderne Forderungen wie Ende der LeibeigenschaftLeibeigenschaft, ein berechenbares und nutzbares Gerichtssystem mit verbindlicher Wirkung für alle, einheitliche Maße, einheitliches Münzsystem, Abschaffung der Zölle, die Kirche möge die kirchlichen Ausgaben aus dem Kirchenzehnten bestreiten etc. teilweise erst Jahrhunderte später umgesetzt wurden, war eindeutig.)) +Luther wurde für seine Texte von seinen Verlegern nicht bezahlt und hat den Nachdruck als Mittel durchaus geschätzt, seine reformatorischen Lehren schnell und weiträumig zu verbreiten.((Ausführlich Flachmann S.~40, m. w. Nachw.; Kapp S.~313, 423; Wittmann S.~51 f.)) Er sprach 1541 zwar davon, dass »reuberische Nachdrücker mit unser Arbeit untreulich umgehen«. Er meinte damit jedoch nicht, dass ihm etwas weggenommen wurde – er habe es umsonst empfangen und gegeben und begehre dafür nichts (wörtlich: »Wiewol meinet halben daran nichts gelegen/ Denn ich habs vmb sonst empfangen/ vmb sonst hab ichs gegeben/ vnd begere auch dafur nichts«) –, sondern dass die Arbeit nicht ordentlich – untreulich eben – gedruckt wurde. Die scharf klingenden Worte täuschen, denn Luther war in seiner Polemik fast immer maßlos, etwa wenn er forderte, man solle aufständische Bauern wie tolle Hunde erwürgen, oder gegen Erasmus von Rotterdam gerichtet: »Wer den Erasmus zerdrückt, der würget eine Wanze, und diese stinkt tot noch mehr als lebendig.«((Friedell S.~314 (Bd. 1). Die Parteinahme Luthers gegen die Bauern wird aus heutiger Sicht üblicherweise als Verkennung der berechtigten Belange der Bauern eingestuft. Während der Bauernkriege des 16. Jahrhunderts entwickelten sich in Deutschland die ersten Ansätze für die in der Aufklärung so bedeutsame Idee der Verbindung von persönlicher Freiheit und Eigentum als ein Bereich der eigenverantwortlichen Regelung der gemeindlichen Belange; Schmidt S.~68--71. Die militärische Niederlage der Bauern, deren vergleichsweise moderne Forderungen wie Ende der Leibeigenschaft, ein berechenbares und nutzbares Gerichtssystem mit verbindlicher Wirkung für alle, einheitliche Maße, einheitliches Münzsystem, Abschaffung der Zölle, die Kirche möge die kirchlichen Ausgaben aus dem Kirchenzehnten bestreiten etc. teilweise erst Jahrhunderte später umgesetzt wurden, war eindeutig.))  
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 +<html><figure class="rahmen medialeft"> 
 +<a title="Carlo Crivelli [Public domain], via Wikimedia Commons" href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File%3ASt-thomas-aquinas.jpg"><img width="512" alt="St-thomas-aquinas" src="https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/e/e3/St-thomas-aquinas.jpg/512px-St-thomas-aquinas.jpg"/></a> 
 +<figcaption class="caption-text">Thomas von Aquin: Lehre vom gerechten Preis<br /> Das Justum Pretium sollte den standesgemäßen Unterhalt sichern</figcaption> 
 +</figure></html> 
  
 1525 schrieb Luther, nachdem aus der Werkstatt seines Druckers ein noch unveröffentlichtes Manuskript gestohlen und sofort gedruckt wurde, dass ein Drucker zumindest einen Monat oder deren zwei nach der Veröffentlichung abwarten sollte, bis er nachdruckt. Luther in der Vermanung an die Drücker, 1525: »Solt nicht eyn drucker dem andern aus Christlicher liebe eyn monden odder zween zu gut harren ehe er yhm nachdrucket.« Der Diebstahl des Manuskripts wäre nicht so schlimm, wenn der Text wenigstens richtig gedruckt worden wäre.  1525 schrieb Luther, nachdem aus der Werkstatt seines Druckers ein noch unveröffentlichtes Manuskript gestohlen und sofort gedruckt wurde, dass ein Drucker zumindest einen Monat oder deren zwei nach der Veröffentlichung abwarten sollte, bis er nachdruckt. Luther in der Vermanung an die Drücker, 1525: »Solt nicht eyn drucker dem andern aus Christlicher liebe eyn monden odder zween zu gut harren ehe er yhm nachdrucket.« Der Diebstahl des Manuskripts wäre nicht so schlimm, wenn der Text wenigstens richtig gedruckt worden wäre. 

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